Definition
Die Hashimoto-Thyreoidits (Autoimmunthyreoiditis) wird auch als Struma lymphomatosa Hashimoto bezeichnet und ist mit 80%10 die häufigste Form der Thyreoiditis. Sie ist charakterisiert durch eine immunologisch bedingte ausgedehnte Zerstörung des Schilddrüsenparenchyms7 und tritt häufig in Kombination mit anderen Autoimmunerkrankungen wie Myasthenie, perniziöse Anämie, Diabetes mellitus Typ 11, Addison-Krankheit1, Sjögren Syndrom3 und atrophische Gastritis auf6. Die Hashimoto-Thyreoiditis ist die häufigste Ursache einer Hypothyreose7,8.Epidemiologie
Die Prävalenz beträgt ca. 5-10%8. Mit zunehmendem Lebensalter steigt Prävalenz1 und die Inzidenz4. Frauen in der 3.-5. Lebensdekade sind in etwa 10-20-mal häufiger betroffen als Männer1,9.Genetik
Bei der Erkrankung ist eine familiäre Disposition gegeben3,8. Bei ca. 5% der Verwandten ersten Grades von Erkrankten sind Antikörper nachweisbar, die auf eine dominante Vererbung zurück zu führen sind3. Es besteht eine gehäufte Assoziation mit HLA-DR-3 bei der atrophen Variante4, und HLA-DR5, bei Patienten, die einen Kropf4 entwickeln1,3,6,8. Die Hashimoto-Thyreoiditis ist mit einer Mutation im Thyreoglobulingen assoziiert2. Weiterhin besteht eine hohe Prävalenz von Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse bei Patienten mit Down-Syndrom, M. Alzheimer und Turner Syndrom3.
Pathogenese
Die Ursache der Erkrankung ist noch nicht geklärt, es handelt sich jedoch um eine Autoimmunerkrankung, deren Endresultat eine Zerstörung des Schilddrüsenparenchyms ist7. Dabei sind sowohl zytotoxische T-Zellen als auch Antikörper beteiligt7. Die Antikörper sind gegen Schilddrüsenperoxidase2, Thyreoglobulin3, seltener gegen die Follikelepithelzellmembran, gegen die Hormone T3 und T4, den TSH-Rezeptor2 oder gegen eine “Nicht Thyreoglobulin-Fraktion” des Kolloids gerichtet7. Die Antikörperbindung an die Thyreozyten führt zu einer komplementvermittelten Zerstörung der Zellen unter Freisetzung proinflammatorischer Zytokine1,2. Die antikörperstimulierte Interaktion zwischen bestimmten MHC-Komplexen und zytotoxischen T-Lymphozyten resultiert in einer Entleerung toxischer Granula mit konsekutivem Zelluntergang1. Es existieren auto- und/oder parakrine Interaktionen zwischen sogenannten “Death- Rezeptoren” auf den Thyreozyten und ihren Liganden1. Die Prävalenz von Autoantikörpern und der autoimmunen Zerstörung anderer Organe ist bei Patienten mit Hashimoto Thyreoiditis gegenüber der Normalbevölkerung erhöht7. Weiterhin stellt die Hashimoto-Thyreoidits den häufigsten Grund der kropfbedingten Hypothyreose in Jodmangelgebieten dar4 und ist der Hauptgrund eines nichtendemischen Kropfes im Kindesalter3.
Makroskopie
Makroskopisch findet sich im frühen Stadium durch das dichte entzündliche Infiltrat eine symmetrisch vergrößerte und derbe Schilddrüse5,10. Ihr Gewicht beträgt in der Regel zwei bis dreimal so viel wie das einer gesunden Drüse3, kann aber auch bis zu 225g betragen9. Die Schnittfläche ist grau-gelb und knotig gegliedert1. Ein asymmetrischer Befall ist möglich und kann makroskopisch mit einem Karzinom oder Lymphom verwechselt werden9. Die Organkapsel ist intakt4. Vor allem bei älteren Menschen kann die Schilddrüse fibrotisch umgebaut sein3.
Mikroskopie
Mikroskopisch findet sich ein sehr dichtes, diffuses lymphplasmazelluläres Infiltrat (B- und T-Lymphozyten [Verhältnis 1:1; wobei die T-Lymphozyten überwiegend T-Suppressorzellen und die B-Zellen in der Regel der Immunglobulin (Ig) G-κ Unterklasse angehören5 ]) mit Makrophagen und einer Ausbildung von Lymphfollikeln mit Keimzentren7,9.
Abb. 524: Die Schilddrüse bei Hashimoto-Thyreoidits zeigt eine dichte lymphoplasmazytäre Infiltration mit Ausbildung von Keimzentren. Daneben findet sich eine Atrophie der Schilddrüsenfollikel.
Gelegentlich finden sich auch intrafollikuläre Makrophagen mit Riesenzellbildung1. Die Schilddrüsenfollikel sind aufgrund der ausgedehnten Zerstörung klein und atrophisch5 und können zu Zellsträngen konfluieren [7]. Das Kolloid ist reduziert, kann aber auch fehlen5 und das Follikelepithel ist atrophiert1. Charakteristisch ist eine fokal ausgebildete oxyphile Epithelmetaplasie1. Auffällig sind Onkozyten (Hürthle Zellen3,5 ) mit feingranulärem eosinophilem Zytoplasma im Restparenchym7. Elektronenmikroskopisch sind diese mit Mitochondrien und Lysosomen angefüllt7. Im Spätstadium nimmt die Größe der Schilddrüse allmählich ab, die entzündlichen Infiltrate verschwinden und zurück bleibt eine ausgedehnte Zerstörung des Parenchyms mit Fibrose7.
Die chronisch lymphozytäre Thyreoiditis kann folgende Varianten zeigen:
Die fibrosierende Variante der Hashimoto-Thyreoiditis macht ca. 15% aller Hashimoto-Thyreoiditis- Fälle aus und betrifft zumeist ältere Patienten9. Hierbei kommt es zu einer raschen Größenzunahme der Schilddrüse und zu einer Zerstörung der Schilddrüsenarchitektur mit Follikelatrophie und keloidartiger Fibrose9. Die Fibrose ist auf die Schilddrüse begrenzt, was das wichtigste differentialdiagnostische Kriterium zur Unterscheidung einer invasiv-sklerosierenden Thyreoiditis Riedel darstellt1,4.
Differentialdiagnose
Klinik
Die Hashimoto-Thyreoiditis verläuft meist asymptomatisch und bleibt daher lange unbemerkt8. Die Erkrankung kann sich über Monate bis Jahre hinweg entwickeln und beginnt meist mit einer indolenten1 bzw. einer gering schmerzhaften Struma6, gefolgt von Schluckbeschwerden und einer passageren Hyperthyreose (“Hashitoxikose”)1,4,9. Im Verlauf kommt es durch den Autoimmunprozess zur Gewebszerstörung und zur Hypothyreose9. Klassische Symptome umfassen u.a. eine allgemeine Antriebsarmut, Kälteempfindlichkeit, Gewichtszunahme2, trockene Haut2 psychomotorische Verlangsamung und Obstipation1. Ein Gefühl der Enge im Hals wird häufig festgestellt3.Bei der Erstdiagnose besteht in mehr als 80% eine latente (subklinische) oder manifeste Hypothyreose9. Das klinische Bild der Hashimoto-Thyreoiditis kann sich spontan bessern und bei einem Viertel der Patienten sogar wieder normalisieren1. Wie alle Autoimmunerkrankungen verläuft auch die Hashimoto-Thyreoiditis in Schüben1.
Diagnostik
Therapie
Eine kausale Therapie der Hashimoto-Thyreoiditis ist nicht möglich1. Bei manifester Hypothyreose erfolgt die dauerhafte Substitution von Schilddrüsenhormonen (LT₄) mit dem Ziel der TSH-Normalisierung3,8.Bei Schwangeren ist eine engmaschige Kontrolle der Laborparameter von Nöten, da in der zweiten Schwangerschaftshälfte ein erhöhter Hormonbedarf besteht8.
OP-Indikationen stellen Strumen Grad III und ein Malignitätsverdacht dar6, wie er z.B.: bei der fibrosierenden Variante der Hashimoto-Thyreoiditis vorliegen kann1. Die Thyreoidektomie mit postoperativer Hormonsubstitution ist hier Mittel der Wahl6.
Prognose
Das Endstadium der Erkrankung ist die Hypothyreose. Bei korrekter LT₄-Substitution besteht keine Einschränkung in der Lebenserwartung8. Eine Spontanheilung ist möglich, aber sehr selten6. Bei langen Verlaufsformen muss mit einem höheren Risiko, an einem malignen B-NHL zu erkranken, gerechnet werden4,10. Weiterhin besteht ein Risiko ein Karzinom zu entwickeln4.
Weiterführende Literatur
Entzündliche Schilddrüsenerkrankungen
Sheu SY, Schmid KW.
Entzündliche Schilddrüsenerkrankungen.
Pathologe. 2003. 24:339–347.
Immunologic Endocrine Disorders
Aaron W. Michels and George S. Eisenbarth, MD, Ph.D, Immunologic Endocrine Disorders, J Allergy Clin Immunol, 2010 February, 125(2 Suppl 2): S226–S237
Referenzen
1 S.-Y. Sheu, K.W.Schmid, Entzündliche Schilddrüsenerkrankungen, Pathologe 2003, 24:339-347
2 Aaron W. Michels and George S. Eisenbarth, MD, Ph.D, Immunologic Endocrine Disorders, J Allergy Clin Immunol, 2010 February, 125(2 Suppl 2): S226–S237
3 R. V. Lloyd, W. F. Young, B. R. Douglas, Endocrine Disease (AFIP Atlas of Nontumor Pathology), American Registry of Pathology, US, 18. Jan 2002
4 R. S. Cotran, V.Kumar, S.L. Robbins, Pathologic Basis of Disease, 5th edition, W.B. Saunders Company
5 S. E. Mills, D. Carter, J. K. Greenson, und V. E. Reuter, Sternberg’s Diagnostic Surgical Pathology, Lippincott Williams & Wilkins, Auflage: 4th revised edition
6 M. Müller, Chirurgie für Studium und Praxis 2010/11: Unter Berücksichtigung des Gegenstandskataloges und der mündlichen Examina in den Ärztlichen Prüfungen
7 W. Böcker, Pathologie; Elsevier GmbH, München, 4. Auflage 2008
8 Gerd Herold und Mitarbeiter, Innere Medizin 2010
9 W.Remmele, Pathologie Bd. 3 Leber, Galle, Pankreas, Atemwege, Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 2. Auflage 1996
10 C.Thomas, Spezielle Pathologie; Schattauer Stuttgart-New York, 1996
Bilder
Abb. 524: Die Schilddrüse bei Hashimoto-Thyreoidits zeigt eine dichte lymphoplasmazytäre Infiltration mit Ausbildung von Keimzentren. Daneben findet sich eine Atrophie der Schilddrüsenfollikel.
Schilddrüse - weitere Lehrtexte
Schilddrüse - Kasuistiken
Organpathologie-Atlas
Weiterführende Literatur